Nur wenn es mir zwingend erscheint, ergänze ich meine Arbeiten durch Erklärendes. Zu meinem Fotozyklus griechischer Inselfriedhöfe soll es eine kurze, rein sachliche Hintergrundinformation sein. Friedhöfe betreten heißt, sich auf einen weihevollen und intimen Ort zu begeben, der besondere Sensibilität fordert, die ich jedoch bewusst in meiner künstlerischen Arbeit und Auseinandersetzung immer wieder suche und brauche.
Friedhöfe auf griechischen Inseln sind, außer in der jeweiligen Hauptstadt, und im Verhältnis auch dort, klein.
In der Regel befinden sie sich außerhalb der Stadt bzw. des Dorfes, umgeben von einer relativ niedrigen Mauer, oft mit einem Eisentor als einzigem Eingang. Gräber aus weißem Marmor, der das mediterrane Licht reflektiert, bestechen das Auge sofort beim Betreten, mit bunten, künstlichen Kränzen und Blumen geschmückt; echte würden der Sonne nicht lange standhalten. Zudem befinden sich dort eine kleine Kapelle und das Beinhaus.
Drei Jahre nach der Bestattung wird, begleitet von einer zeremoniellen Handlung, das Skelett mit Rotwein gewaschen und in eine Truhe gelegt, welche dann im Bein- haus aufbewahrt wird. Nach meiner Information haben die Hinterbliebenen sogar die Möglichkeit, die Truhe mit den Gebeinen ihrer Angehörigen mit nach Hause zu nehmen, um sie dort aufzubewahren. In das Beinhaus zu gehen, heißt, sich vom weißen Licht in einen dämmrigen bis dunklen Raum zu begeben, wo der Tod sofort deutlich und unmittelbar gegenwärtig wird. Meist erhellen Kerzen auf einem kleinen Altartisch den Raum nur spärlich und partiell.
Dicht gestapelt finden sich in Regalen neue, aufwendig geschmückte, mit Bildern des Verstorbenen versehene Truhen neben sehr einfachen Behältnissen, ebenso wie solche, welche durch das Alter bereits dem Zerfall ausgeliefert sind. Vereinzelt sieht man auch herabgefallene, welche aufgebrochen das Innere betroffen sichtbar machen.
Durch die Tür des oft fensterlosen Beinhauses fällt ein heller Lichtstrahl, der Blick nach außen nimmt die durchweg weißen Marmorblöcke des Friedhofs in übersteigerter Weise wahr. Weiße Stille. Wichtig ist es mir noch, zu betonen, dass die Fotos nur das so Vorgefundene zeigen, es wurde auch nachträglich nichts manipuliert.
Karl-Heinz Matt, Februar 2006
Diese Werke stellen ausschließlich eine Auswahl der Serie dar. Falls Interesse besteht alle Werke einer Serie zu sehen, kontaktieren Sie mich gerne per Mail unter: art@karl-heinz-matt.de